Gesellschafter der OHG plötzlich weg – Die „vertreterlose“ Gesellschaft

Leider kommt es in der Praxis häufiger vor, dass während des Klageverfahrens gegen eine Personengesellschaft (BGB-Gesellschaft, OHG, KG) die Gesellschafter ausgehen, sei es durch Ausscheiden, Prozessunfähigkeit oder Tod. Was passiert mit dem Klageverfahren, wenn auf der Beklagtenseite „keiner mehr da ist“?

Jetzt ist guter Rat teuer.

Zunächst wäre daran zu denken, wie bei einem Verein einen Notvorstand (§ 29 BGB) oder wie bei der GmbH einen Notgeschäftsführer in analoger Anwendung des § 29 BGB zu bestellen.

Dies kommt jedoch bei der Personengesellschaft (BGB-Gesellschaft, OHG, KG) grundsätzlich nicht in Betracht, weil die Regelungen der § 744 Abs. 2 BGB und § 57 ZPO zum Schutz der Gesellschaft und des Rechtsverkehrs ausreichend sind.

Nach § 744 Abs.2 BGB ist jeder Teilhaber berechtigt, die zur Erhaltung des Gegenstands notwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Teilhaber zu treffen; er kann verlangen, dass diese ihre Einwilligung zu einer solchen Maßregel im Voraus erteilen.

Lösung: Das Gericht bestellt einen Prozesspfleger nach § 57 ZPO.

Soll eine nicht prozessfähige Partei verklagt werden, die ohne gesetzlichen Vertreter ist, so hat ihr der Vorsitzende des Prozessgerichts, falls mit dem Verzug Gefahr verbunden ist, auf Antrag bis zu dem Eintritt des gesetzlichen Vertreters einen besonderen Vertreter zu bestellen.

Der Prozesspfleger handelt für die nicht existenten bzw. prozessunfähigen Gesellschafter und der Gerichtsprozess kann fortgesetzt werden.

Für Partnerschaftsgesellschaft (Personengesellschaft):
OLG München, Beschluss vom 12.03.2014, 15 W 23/14, NZG 2014, 899 = NJW-RR 2015, 33 = ZIP 2014, 2189

Für GmbH:
OLG Dresden, Beschluss vom 29.05.2020, 8 W 350/20, BeckRS 2020, 13961= GmbHR 2020, 954 = ZInsO 2020, 1670

Link zur Entscheidung:
https://www.gesellschaftsrechtskanzlei.com/olg-dresden-beschluss-vom-29-mai-2020-8-w-350-20/